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VEGAN BACKEN II – HIMBEER-AQUAFABA

VEGAN BACKEN II – HIMBEER-AQUAFABA

Fotos: Karla Gottschow
Rezept: Julia Luck
Text: Leonie Kantratowicz


Mit einem kaum unterdrückten Ächzen lässt sich der junge Mann auf den gelben Plastik-Sitz der U-Bahn fallen. Zu spät bemerkt er den frischen, noch feucht-glänzenden rosa Kaugummi auf der Sitzfläche. Er kann förmlich spüren, wie sich der klebrige Brocken zwischen die Fasern seiner Hose drückt und sich dort festkrallt. Innerlich verflucht er Murphy und sein beknacktes Gesetz. Er möchte schreien. Sehr laut schreien. Der Tag hinter ihm hatte sein inneres Nervenkostüm so eng geschnürt, dass er glaubte, ersticken und platzen zu müssen, beides zur gleichen Zeit. Nie hätte er sich zu träumen gewagt, dass er sich in seinem Leben einmal so weit unten fühlen könnte, so sehr von sich und seinen Wünschen und Träumen, Hoffnungen und Erwartungen entfernt. Mit Kaugummi am Hintern. Er lässt den Blick über die restlichen Fahrgäste wandern. Stumm und teilnahmslos hocken sie da, die Augen starr auf die leuchtenden Displays in ihren Händen geheftet. Jede*r anonym für sich, ohne Augen für die Person direkt neben sich, aber dafür umso mehr für den neuen Highscore bei Candy Crush. Welche Rädchen sich wohl in ihren Köpfen ununterbrochen drehen…? Das schartige Quietschen der anfahrenden U-Bahn kratzt unangenehm an seinem Trommelfell. Entnervt fährt er sich mit der Hand durch die nassen Haare und beobachtet die Tropfen, die im Lärm des Alltags lautlos in die sich bildende Pfütze zu seinen Füßen fallen. Ich möchte schreien, ich möchte einfach nur… –

„ – auch eins haben?“ Was? Aus der eigenen Abwärtsspirale gerissen blickt er verwirrt auf und in das freundliche, fragende Gesicht einer jungen Frau. Sie streckt ihm etwas entgegen. „Ähm, was? Ich meine… Bitte?“ Er ist noch nicht wieder ganz da. Sie lächelt. „Möchten Sie auch eins haben“ Sanft schlenkert sie mit dem Handgelenk und ein leises Rascheln lenkt seine Aufmerksamkeit auf die Dose in ihrer Hand. Samtig weiß, mit einem Hauch von Rosa, leuchten ihm die kleinen Gebäcke darin entgegen. Mit leichtem Zögern und noch immer etwas perplex greift er zu, sieht erst zu dem Teilchen in seiner Hand und dann zu ihr.

„An einem Tag wie heute tut das vielleicht ganz gut.“, sagt sie, noch immer lächelnd, während sie die Dose in eine Tasche packt und sich in eine Regenjacke schält. Die Bahn stoppt mit sanftem Ruck, im Hintergrund quäkt eine automatisierte Durchsage. „So, ich muss hier raus.“, sagt sie und deutet ein Winken an. „Haben Sie noch einen schönen Tag“ Dann steht sie auf und verschwindet in der Menge der anonymen Masse. Kurze Zeit später schließen sich die Türen. Die Mechanik quietscht und die Bahn fährt weiter.

Eine gefühlte Ewigkeit noch starrt er auf die geschlossenen Türen, dann beißt er von dem federleichten Gebäck ab, das er noch immer zaghaft zwischen den Händen hält, um es nicht aus Versehen zu zerdrücken. Es ist köstlich. Leise tropft der Regen aus seinen Haaren auf den Boden und der Kaugummi hält den Stoff seiner nassen Hose wild entschlossen fest. Doch während er da sitzt, jeden Bissen genießend und den süßen Geschmack von Himbeeren und Zitrone auf der Zunge zergehen lässt, fühlt sich die Welt mit jedem Krümel ein kleines bisschen leichter an.

Murphy ist ein Idiot.


Himbeer-Aquafaba (veganes Baiser)

für circa 50 Stk.:

  • 1 Dose Kichererbsen (400 g)

  • 250 g feinster Zucker

  • 1 Tl Zitronensaft

  • 2 El passierte Himbeer-Konfitüre

Den Ofen auf 90°C Umluft vorheizen.

Kichererbsen abtropfen lassen, das Wasser dabei auffangen und 150 ml davon in der Küchenmaschine ca. 5 Min. auf höchster Stufe aufschlagen. Dann nach und nach den Zucker einrieseln lassen. Zitronensaft zugeben und so lange schlagen, bis der Zucker gelöst ist. Himbeerkonfitüre unterrühren, die Masse in einen Spritzbeutel mit großer Sterntülle geben und mit etwas Abstand zueinander ca. 50 Tupfen auf 2 mit Backpapier belegte Bleche aufspritzen.

Im vorgeheizten Ofen ca. 90-100 Minuten backen. Dann den Ofen ausschalten und die Baisers min. 1 Stunde mit leicht geöffneter Ofentür vollständig trocknen lassen.



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