SIZILIEN REISE I
Fotos & Text: Jan-Peter Westermann
Assistentin Natalie Tillmann
3:52 Uhr, ich wache auf, warme, feuchte Luft klebt auf meiner Haut, bis die kalte Dusche mich erfrischt aufatmen lässt. Beeilung ist angesagt. Auf die Schnelle packe ich sämtliche Kamerakkus sowie Ladegeräte und Speichermedien in meinen Rucksack. „Natalie, wie weit bist du?“ Lass uns los! Ich hol schon mal das Auto.“ In der Morgendämmerung fahren wir durchs leer gefegte Catania zum Flughafen. Die leicht bröckelnden Fassaden prunkvoller Barock- und Belle Époque-Häuser zeugen vom einstigen Glanz dieser eindrucksvollen Stadt, die auf dem Vulkangestein des Ätna gebaut wurde. Mietwagenabgabe, Check in, Gepäckkontrolle vergehen wie im Fluge, bis ich endlich neben Natalie auf meinem Sitz im Flieger in das Polster einsinke. Schon kurz nach dem Start übermannt mich der Schlaf.
Im Weggleiten der Sinne, überkommen mich die Eindrücke der letzten zehn Tage hier in Sizilien. Ich bin bei Paolo, dem Mann an der Orangenpresse auf dem Markt von Catania. Während der herrlich erfrischende Saft seiner Blutorangen meine Kehle passiert, blicke ich auf seine vom Wachs geschwärzten Fingernägel und die von der Säure Hunderter Orangenhälften gegerbten Hände. Ich tauche ab im Getümmel des Marktes, die Thunfisch verkaufenden Händler überbieten sich gegenseitig in der Kraft ihrer Stimmen und im Werben um die Kunden. Hier probiere ich unterhalb der „Fontana dei Sette Canali“ eine frisch geöffnete Auster, dort umspielt der Duft von diversen zu Kegeln aufgeschütteten Gewürzen meine Nase…
Die Traumfacetten verschwimmen und vom Duft der „Salumeria“ geleitet, lande ich im „Fratelli Burgio“, dem stadtbekannten Slow-Food Spezialisten auf der Halbinsel Ortigia in Syrakus.
Auf einem langen Holzbrett werden mir von Maria acht verschiedene Fisch und Fleischhäppchen zusammengestellt, das ich mir die Finger ablecke, um auch keinen Krümel umkommen zu lassen. Der Laden quillt über von einem reichhaltigen Angebot an Leckereien, sodass auch das Auge förmlich am Mitessen ist.
Eine Stewardess streift meinen Arm und weißt mich auf die Anschnallanzeichen hin. Natalie neben mir schneidet ihre Videos auf dem iPhone. „Modica?“, frage ich sie mit einem halb offenen Auge. Sie nickt und ich rutsche rüber um mir noch einmal unsere erste Station bei Acursio Craparo im gleichnamigen Restaurant Acursio anzuschauen.
„Sag, das Dessert in seiner Porcelan-Fake Eierschale mit Maracuja-Mangosoße als Eigelb und weißer Schokoladenmousse statt Eiweiß, war schon der Hammer, oder?“
„Ja, stimmt“ antwortet Natalie, „und vor allem umgedreht in einem Porzellan Eierkarton angerichtet - da wird gekonnt mit Schein und Sein und den Erwartungen des Gastes gespielt!“
„Das bringt Überraschung und macht Spaß beim Essen und überhaupt sind die Italiener lockerer und nicht so verkopft wie wir Deutschen in den Sterneläden“ finde ich.