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BEEF! – BONDAGE PART I

BEEF! – BONDAGE PART I

Fotos: Jan-Peter-Westermann
Rezepte: Marc Wieberneit
Text: Leonie Kantratowicz


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In meinem Kühlschrank herrscht gähnende Leere. Neben einer seit drei Wochen halbvollen Flasche Weißwein mit dem qualitätsversprechenden Namen „Süß & Fruchtig“ blicken mich aus dem Inneren ein abgelaufenes Glas Cornichons und ein Joghurt mit der Ecke ohne Ecke (die Chips waren aus beim letzten Netflix-Binge) an. Ich schwöre, beim Öffnen der Tür kam auch einer dieser Strohballen aus alten Western-Streifen heraus geweht.

Hier ist definitiv ein kulinarischer Tiefpunkt erreicht.

Mit fünf Jutebeuteln bewaffnet marschiere ich also zu Edeka und greife mir einen dieser irgendwie immer latent schmuddeligen Einkaufskörbe. Etwas in Gedanken versunken schlendere ich an den Obstregalen vorbei und weiter zum Gemüse, schmeiße mal hier was, mal da was in den Korb – und bleibe wie angewurzelt stehen. Wenige Meter entfernt steht ein großgewachsener, attraktiver Kerl und beobachtet mich mit einem verschmitzten Lächeln. In der Hand hält er die schönste, prallste und orangeste Karotte, die ich je gesehen habe. Meine Knie werden weich. Ich beiße mir auf die Lippe, dann habe ich mich wieder gefangen und gehe, möglichst unbeeindruckt, an ihm vorbei.

„Daran würde ich auch gerne mal knabbern.“ Äh, wie bitte? Irritiert drehe ich mich um und sehe mich zwei silber-grauen, belustigt funkelnden Augen und dem unverschämten verschmitzten Lächeln gegenüber. „Deine Nektarinen,“, sagt der Karotten-Mann und deutet auf den Inhalt meines Korbs. „Ich würde gerne“, seine Augen blitzen gefährlich, „an ihnen knabbern.“

Ich laufe rot an wie das Wahlplakat der SPD, greife ohne Nachzudenken nach seiner Karotte, breche sie in der Mitte durch und schiebe mir die eine Hälfte in den Mund. Ich bringe noch ein unverständliches „Sowas sagt man doch nicht…!“ zwischen den vollen Wangen heraus, bevor mir das harte Gemüse im Rachen stecken bleibt und ich zwischen dem Chinakohl die Besinnung verliere.

[…]

Es ist still, aber auf die angenehme Weise. Ich schlage die Augen auf und sehe mich einen Moment um. Ein Esszimmer, Dielenboden, hohe Decken, Altbau. Insgesamt ziemlich schick. Ich sitze an einem Esstisch und sehe verstohlen nach, ob vielleicht Tine Wittler darunter hockt. Wobei Dekotipps mir jetzt auch nicht helfen. Die Frage stelle ich mir zwar mindestens einmal in der Woche, aber – Wie bin ich hier hergekommen?

Ohne Ankündigung schwingt die Tür auf – mir stockt der Atem. Der Karotten-Mann, auf dem drahtig-muskulösen Arm ein vollgepackter Einkaufskorb. Gott, sieht der gut aus. Ich spüre, wie mein Puls schneller schlägt.

Er stellt die Einkäufe auf einen Stuhl und setzt sich zu mir an den schweren Eichentisch, seine grauen Augen blicken mich unlesbar an.

„Wie geht es dir?“

Nee nee, Freundchen, so nicht. Erst will ich Antworten.

„Wo bin ich und wie bin ich hier gelandet?“

Er fährt sich mit der Hand durchs Haar. Wie weich es aussieht…

„Ich wollte dich nicht bewusstlos in der Gemüseauslage zurücklassen und da du vollkommen unansprechbar warst, habe ich dich stattdessen hierher gebracht. In meine Wohnung.“

Klar, wie man das halt so macht.

„Du hast mich an den Esstisch gesetzt?“

„Ja.“

Ich blicke an mir herunter. „Und mir diese Schürze angezogen?“

„Ja.“

„Haben wir…?“

Er lacht, anzüglich. „Du warst praktisch scheintot – und ich mag‘s, wenn Frauen… empfänglich sind für die Anweisungen, die ich ihnen gebe, wenn es heiß wird.“

„Wie heiß?“

„220 Grad Umluft.“

Ich beiße mir auf die Unterlippe und zerschmelze innerlich Thunfisch-Sashimi auf der Zunge.

„Hör bitte auf, immer auf deiner Lippe zu kauen wie auf einem Entrecôte. Das… verwirrt mich.“, flüstert er rau und mit gesenktem Blick. Dann schiebt er mir ein Blatt Papier entgegen. Zutaten, Mengenangaben. Ich drehe ihm die beschriebene Seite entgegen. „Bedeutet das, dass wir heute zusammen … kochen werden?“

„Nein“, entgegnet er ernst. „Zwei Dinge. Erstens: Ich koche nicht. Ich filetiere … hart. Zweitens: Du weißt gar nichts, Jon Schnee.“ Hä. Verwirrt blicke ich ihn an.

„Sorry, falscher Film. Aber trotzdem – du hast keine Ahnung, auf was du dich einlässt. Vielleicht ergreifst du auch die Flucht und holst dir stattdessen ein Falafel Dürüm unten an der Ecke.“

„Und wenn ich umami will…?“

Wieder dieses lüsterne Lächeln. „Das musst du dir erst verdienen. Komm, ich zeige dir meinen Spielplatz.“ Er nimmt meine Hand und gemeinsam gehen wir durch eine hohe, weiß gestrichene Doppeltür.

Holy Ravioli. Eine Küche.

Mit offenem Mund drehe ich mich einmal um die eigene Achse. „Was‘n das hier?“, frage ich und deute entgeistert auf den Raum um uns herum.

„Ich steh‘ auf Foodporn.“ Ah, ein Perverser. In Hamburg wohnen echt keine normalen Leute mehr. Ich wandere weiter durch das Zimmer und mein Blick bleibt an Rollen rot-weiß gestreifter Schnüre hängen. „Bratenband,“, surrt der Karotten-Mann mit düsterem Grinsen. „Damit fessel‘ ich meine Häppchen. Damit sie nicht wegrennen, wenn ich sie unterwerfe.“

Ich streiche über die kalte weiße Marmortheke und die Sammlung fein sortierter Fleischklopfer und anderer perfider Werkzeuge.

„Was hast du jetzt vor?“

Er geht langsam zu der Kochinsel in der Mitte des Raums. Auf einem massiven Holzbrett liegt ein vollkommen entblößtes Perlhuhn. Seine Finger gleiten sanft über die nackte Haut. „Ich will dieses Hühnchen erniedrigen und ich will es mit dir tun.“ Auffordernd wendet er sich mir zu. Die Luft zwischen uns brennt. „Los, gib ihr einen Klaps für mich. Bestraf dieses unartige Stück Geflügel und zwing ihr unseren Willen auf.“

„Warum sollte ich das tun?“

„Um uns Vergnügen zu bereiten.“

„Und… gibt es ein Safe-Word?“, frage ich. Mit triumphierendem Lächeln beugt er sich zu mir und seine Lippen berühren sanft mein Ohr, als er mir das Wort zuflüstert.

Ich habe es nie gesagt.

Kein einziges Mal.

(Anmerkung der Autorin: Ich fühle mich benutzt.)


Ganzes Perlhuhn für 4 Personen


ZUTATEN:

  • 1 Perlhuhn

  • Majoran

  • Thymian

  • Butter

  • Meersalz

  • Bindegarn

ZUBEREITUNG:

Perlhuhn von Federn befreien und waschen, den Wulst und Kopf entfernen. Mit Butter, Meersalz einreiben und mit Thymian und Majoran füllen und Binden. Bei 160 Grad 1 Stunde in der Ofen zwischendurch mit Wasser einstreichen und den im Bräter liegenden Fond verwenden. Aus dem Ofen holen, tranchieren und servieren.

 

BEEF! - BONDAGE PART II

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JEDEN TAG EINE GUTE TARTE: Schoko-Minz-Tarte mit Baiser

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